Loop me, Pachelbel!

Kreativ üben mit Loop-Apps

von Kristin Thielemann (01.07.2022)

Deine Schülerinnen und Schüler finden das häufige Wiederholen von Tonleitern, Übungen oder kniffligen Phrasen eintönig? Dann solltest du das Arbeiten mit Loop-Apps kennenlernen, weil diese einfach zu bedienenden Helfer im Handumdrehen aus wenig beliebten Übungen faszinierende Musikstücke erschaffen, die Anfänger wie Fortgeschrittene begeistern werden!

Ich bin überzeugt, dass in einigen Jahren das Musikmachen mit Loops einen festen Platz in unserem Unterrichtsrepertoire haben wird, weil die Vorteile auf der Hand liegen: Neben beständiger Wiederholung auf eine klanglich sehr reizvolle Art, wird die Kreativität und die Lust zum Erfinden und Improvisieren geweckt. Ich stelle zudem immer wieder fest, wie selbst Anfänger beim Spielen mit Loop-Apps (wie etwa Loopy HD) in einen Flow geraten und sich die Muster, die sie mit ihren Stücken trainieren, sehr einfach festigen.

Mein Trompetenschüler Felix (12 Jahre alt) hat sich auf diese Weise und mit einem Lächeln auf den Lippen die D-Dur-Tonleiter und alle darin enthaltenen Tücken in weniger als 20 Minuten so erarbeitet, dass er sich sehr sicher in dieser Tonart bewegen konnte.

Felix könnte aber genauso gut ein Saxofon-, Geigen- oder Klavierschüler sein! Wir können das Wissen über Loop-Apps auf das Musizieren mit jedem beliebigen Instrument oder der Stimme übertragen. Wichtig ist, dass wir das Grundprinzip der Loop-Apps kennen und verstehen und uns ans Experimentieren wagen.

Mit einer Loop-App kann eine bestimmte Anzahl von Takten aufgenommen werden, die sofort im Anschluss an die Aufnahme in Schleife – daher auch der Name Loop – wiederholt werden. Bei Felix stelle ich die App, die ich hierzu nutze, auf vier Takte ein. Alle Abschnitte (Loops), die eingespielt werden, können nun vier Takte lang sein. Außerdem wähle ich ein Tempo, was er leicht bewältigen kann. Die App spielt auf Wunsch zusätzlich nicht nur ein Metronom, sondern wahlweise auch eine Schlagzeugbegleitung ab – so klingt es gleich viel mehr nach Band-Konzert als nach einer schlichten Übung.

Felix hört das Schlagzeug über Kopfhörer und spielt die vier Takte ein, die ich ihm aus seiner Tonleiter entwickelt habe. Sie sehen so aus:

Die Aufnahme stoppt nach den vier Takten automatisch. Gleich im Anschluss daran hört der Schüler, wie das Schlagzeug sowie der von ihm eingespielte Loop 1 beständig wiederholt, also ‚geloopt‘ werden. Jetzt kann er Loop 2, eine weitere von mir entwickelte Stimme, mit gleicher Taktanzahl aus den Tönen der D-Dur-Tonleiter, die sehr gut zu den vorherigen Takten passt, einspielen.

Zusammenpassende Melodien zu finden, muss auch gar nicht schwer sein. Sehr einfach geht es, wenn man beispielsweise Loop 1 auf dem Grundton startet und den zweiten Loop eine Terz höher oder tiefer beginnt. In diesem Beispiel habe ich für Loop 2 den gleichen Rhythmus und einen ähnlichen Melodieverlauf gewählt – nur von der Terz der Tonleiter.

Nun können nach Belieben weitere Stimmen kreiert werden. Ich habe zusammen mit Felix dann Loop 3 und 4 entwickelt (siehe Notenbeispiel). Alle vier Loops sind so gewählt, dass sie auch im Swing gespielt werden können und so der Musik noch zusätzlich etwas mehr Schwung verleihen. Bei der Arbeit mit Loop-Apps ist es sinnvoll – sofern vorhanden – zunächst mit dem Einspielen der Bassstimme zu starten, um einen harmonischen Unterbau zu erhalten. Anschließend würde ich immer vorschlagen, als nächstes die Stimme einzuspielen, die dem Schüler am leichtesten fällt. Denn wenn das Einspielen des ersten Loops schon mühsam ist und nicht gelingen will, wird die Arbeit mit Loop-Apps schnell einmal weggelegt.

Wenn die ersten zwei bis drei Loops eingespielt sind und gleichzeitig ablaufen, entwerfe ich mit dem Schüler zusammen gerne eine weitere Stimme, die etwas komplexer ist und die eine schöne Herausforderung für ihn darstellt. In der Loop-App ist es übrigens sehr einfach möglich, das Grundtempo langsamer oder schneller zu stellen. Falls wir also zu ‚optimistisch‘ in unserer Komposition waren, können wir das Tempo ein wenig herunterregeln.

Zudem ist es möglich, zu den laufenden Loops frei zu improvisieren. Das können bestimmte ‚Melodieschnipsel‘ sein, die der Schüler selbst erfindet, oder Vorschläge von mir, die ich vorgefertigt habe oder ad hoc erfinde. Es besteht auch die Möglichkeit die Lautstärke einzelner Loops zu verändern oder diese komplett auszuschalten und live zu der laufenden Musik zu spielen.

Zur Autorin

Kristin Thielemann (Homepage: https://www.vollmotiviert.com/) studierte Orchestermusik, Trompete und Musikpädagogik an der Musikhochschule Lübeck.

Seit 2009 veröffentlicht sie für Schott Music zahlreiche Beiträge in Fachzeitschriften sowie eigene musikpädagogische Notenausgaben und Ratgeber.

Sie hält Vorträge und ist gefragte Dozentin auf Fortbildungen für Hochschulen, Universitäten und Musikschulen und moderiert den Podcast „Voll motiviert“. ...

Für meinen Unterricht nutze ich übrigens die App Loopy HD. Sie ist zwar kostenpflichtig, aber der Marktführer und unangefochtene Star unter den Loop-Apps. Es gibt hierin keine In-App-Käufe. Das ist ein Punkt, der mir persönlich immer sehr wichtig ist, damit die Eltern meiner Schüler von Beginn an eine Transparenz über die Kosten haben und nicht irgendwann eine böse Überraschung erleben, wenn ihr Kind unabsichtlich ein kostenpflichtiges Abo abgeschlossen hat. Ein weiterer Pluspunkt an Loopy HD ist für mich, dass sie sowohl auf Apple- als auch auf Android-Geräten läuft und ich mich nur in die Funktionen einer einzigen App einfinden muss.

Übrigens ist es nicht einmal erforderlich, für die Verwendung der Loop-App ein Tablet zur Verfügung zu haben. Selbst ein Handy mit kleinem Display reicht für den Anfang schon aus. Wichtig ist nur, dass Du für die Arbeit mit Loop-Apps einen Kopfhörer verwendest, weil sonst die abgespielte Musik immer wieder mit aufgenommen wird und Du auf diese Weise kein gutes Klangbild erhältst.

Als kleinen Bonus habe ich Dir einige kurze Stücke geschrieben, die Du beim Testen einer Loop-App verwenden kannst:

Aber auch Kanons eignen sich sehr gut. Probiere doch einmal Johann Pachelbels Kanon in D aus; der lässt sich wunderbar loopen – oder wenn es etwas leichter sein darf, das Kinderlied „I like the flowers“! Aus der klassischen Musik kann man z. B. sehr gut Chaconnes wählen oder Werke, die mit wenigen sich wiederholenden Harmonien auskommen.

In meiner Publikation Digital jetzt! Wie Sie Ihren Unterricht medial bereichern findest Du weitere Ideen und Noten zur Arbeit mit Loop-Apps, aber auch zu anderen Themen wie Gamification, neue Unterrichtsformen und coole, mit digitalen Medien angereicherte Projekte, die unsere Schülerinnen und Schüler faszinieren und unseren Unterricht bereichern.

Notenausgaben, die sich ausschließlich mit Loop-Musik beschäftigen, gibt es noch nicht sehr viele. Du findest sie hier:

Ich wünsche Dir, dass auch Du die Kraft entdeckst, die Loops-Apps entfalten, wenn man sie hin und wieder in seinen Unterrichtslektionen einsetzt und dass Deine Schüler sich begeistert und mit strahlenden Augen in das Loopen von Tonleitern, Etüden oder Übungen stürzen.

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