50 Jahre Carus Verlag – Eine Erfolgsgeschichte

Ein Reisebericht von Johan van Slageren und Florian Boberski

Der Carus Verlag, weltweit bekannt für seine hervorragenden Notenausgaben im Bereich der Chormusik, feierte am 3. Juni 2022 seinen 50. Geburtstag. Stretta Music war live dabei und durfte im Rahmen der offiziellen Geburtstagsfeier die Verlagsräume besichtigen. Wie schafft es ein Verlag, auch nach fünfzig Jahren und in den aktuellen Krisenzeiten derart innovativ, beliebt und am Puls der Zeit zu sein? Lesen Sie hier unsere Eindrücke eines wunderbaren und höchst interessanten Tages.

Carus - Wenn der Name Programm ist

Als wir vormittags am Verlagsgebäude in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart eintreffen, fällt der Empfang durch das Team um den geschäftsführenden Gesellschafter Dr. Johannes Graulich und Geschäftsführerin Ester Petri sehr herzlich aus.

Nach zwei Jahren Corona tut es gut, sich endlich wieder persönlich austauschen zu können. Ein großer Teil des Erfolges von Carus liegt an diesen lange aufgebauten persönlichen Verbindungen zu Kollegen, Kunden und Freunden.

Von den USA, wohin den Verlag in den 70ern die ersten Notenaustellungen führten, bis Korea, wo seit 30 Jahren die Noten gestochen werden, und Japan, von wo aus extra Gäste angereist waren, ist Carus (lateinisch für: lieb, wert) bei Chorleitern weltweit bekannt und hoch angesehen.

Die bedeutendsten Meilensteine und Ausgaben der 50-jährigen Verlagsgeschichte werden uns und weiteren Musikalienhändlern von Cheflektor Dr. Uwe Wolf persönlich präsentiert.


Geschäftsführerin Ester Petri (Foto: Sven Cichowicz)

Die Anfänge

Angefangen hat alles 1972 mit Günter und Waltraud Graulich, die das Gloria in D RV 589 von Antonio Vivaldi in einer ersten wissenschaftlich-kritischen Notenedition herausgeben wollten. Noten im Bereich der geistlichen Chormusik waren zu diesem Zeitpunkt noch kaum oder nicht in zufriedenstellender Qualität zugänglich. Dafür gründete das Ehepaar den Carus Verlag: Fortan verantwortete er das Programm, sie wirkte fast fünf Jahrzehnte als Geschäftsführerin. Aus der Gründeridee wurde eine Erfolgsgeschichte, die noch heute anhält.

Wichtig war ihnen immer eine enge Verbindung zu Chören – Günter Graulich leitete selbst 50 Jahre lang den Motettenchor Stuttgart – und die Musik selbst. Neue Werke bleiben bei Carus nicht nur den Notenlesenden vorbehalten, ein jedes Stück wird aufgenommen und über das eigene, gleichnamige CD-Label für alle Interessenten hörbar gemacht, wodurch sich Carus von anderen Verlagen unterscheidet. In dem Zusammenhang steht die Zusammenarbeit mit Chordirigent Frieder Bernius, der zu zahlreichen Carus-Ausgaben Einspielungen auf höchstem Niveau leitete und Wiederentdeckungen wie den klangschönen Motetten des deutschen Komponisten Gottfried August Homilius (1714-1785) zu einer Renaissance verhalf.

Schwerpunkt Kinder- und Jugendchor

Wenn ein Kinderarzt an der Charité seine medizinische Karriere zugunsten des von der Familie betriebenen Musikverlags zurückschraubt, muss das Herz besonders stark für die Familie und die Musik schlagen.

Der Bereich der Nachwuchsarbeit war für Carus immer schon wichtig und wird durch den Verleger und Sohn des Gründerpaars Dr. Johannes Graulich seit seinem Einstieg in den Verlag 2001 weiter vorangetrieben, etwa durch die Schulchorbuchreihe Chorissimo!, die das Singen in Schulen in allen Altersgruppen fördert.

Eines der erfolgreichsten Produkte in diesem Bereich ist das “Musik-Criminal” Max und die Käsebande aus dem Jahr 2004. Mit Spannung erwarten wir das neueste Musical für Kinder, das auf hoher See spielt: Der Schatz des Käpt’n Krausekopf von Peter Schindler und Babette Dieterich.


Ulmer Spatzenchor beim Festakt (Foto: Sven Cichowicz)

Mit der Digitalisierung immer am Puls der Zeit

Carus präsentiert sich auch als Vorreiter im Bereich der Digitalisierung. Bereits 2015 erschien die weltweit beliebte “carus music, the choir coach”-App. Seit 2020 stehen viele Notenausgaben digital zur Verfügung, die in Kürze auch bei uns, im Stretta Music Notenshop, direkt heruntergeladen werden können.

Im Herbst 2023 wird uns voraussichtlich eine weitere App präsentiert werden, deren neuartige Funktionen und Inhalte wir hier natürlich noch nicht verraten dürfen. Nur soviel sei gesagt: Allein der Wille zeigt, wie hoch innovativ Carus hier agiert, immer mehrere Jahre in die Zukunft planend, um alle Aspekte und Wünsche der Chormusik bedienen zu können.

Tour durch den Carus-Verlag

Der nächste Punkt der Tagesordnung führt uns in Kleingruppen durch das Verlagsgebäude. Das Gebäude an sich spricht schon für den Weitblick der Verlagsleitung. Das Wachstum des Verlags war in die Gebäudeplanung mit einkalkuliert und so konnte man, als es nötig wurde, das Gebäude vor rund zehn Jahren einfach um einen 2. Stock erweitern, der hervorragend zum ursprünglichen Teil passt.

Von Lektorat und Produktion über Marketing, Rechtsabteilung und Kundenservice bis hin zum Versand lernen wir nun alle Produktionsschritte einer Notenausgabe und die unterschiedlichen Abteilungen kennen. Ein Highlight ist der sieben Meter lange Drucker, auf dem bei einer Bestellung z. B. das neueste Kindermusical als PoD (Print on Demand) sofort gedruckt werden kann.

Ein würdiges Festkonzert

Nach einem gemütlichen Mittagessen folgt der offizielle Höhepunkt der 50-Jahr-Feier: Ein Festkonzert im Konzertsaal der Staatlichen Hochschule für Musik & Darstellende Kunst Stuttgart mit anschließender Podiumsdiskussion.

Das Konzert ist ein Hochgenuss für jeden Musiker; die Künstler erweisen sich dem Anlass mehr als würdig. Der Kammerchor Stuttgart unter der Leitung von Frieder Bernius brilliert in einem anspruchsvollen, abwechslungsreichen Programm von Bach über Homilius, Mendelssohn-Bartholdy, Rheinberger, R. Strauss bis Schönberg – natürlich alles gesungen aus den sehr gut recherchierten Ausgaben des Carus Verlags.

Nach der Pause folgt eine bewegende Laudatio durch den Musikwissenschaftler Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Christoph Wolff, der besonders die historische Leistung des Gründerpaars trotz schon bestehender, renommierter Musikverlage einen völlig neuen Verlag nicht nur zu gründen, sondern innerhalb weniger Jahrzehnte zu einer unverzichtbaren Größe im Musikverlagswesen zu führen, hervorhebt.

Es ist dabei auch höchst inspirierend, den 95-jährigen Gründer live erleben zu dürfen, der alle Gratulationen empfängt und später am Abend noch selbst eine inspirierende Rede halten wird.


Frieder Bernius mit dem Kammerchor Stuttgart (Foto: Sven Cichowicz)

Carus ist Gegenwart und Zukunft der Chormusik

Eine anschließende Podiumsdiskussion, verdeutlicht das immerwährende Engagement des Carus Verlags für den Chorgesang. Statt einer bloßen Lobeshymne und Aufzählung aller Errungenschaften, wird die derzeitige Krise der Chormusik in den Vordergrund gestellt. Denn, so wie Dr. Johannes Graulich treffend sagt: Carus ist und bleibt ein Verlag der Chormusik – geht es den Chören schlecht, wirkt sich das auch auf Carus aus. Es ist keineswegs zu erwarten, aber wenn man Dr. Johannes Graulich zuhört, wirkt es wie selbstverständlich, dass der Verlag selbst Verantwortung übernimmt und Lösungen sucht, um der Chormusik aus der Krise zu helfen.

Die Frauenanteile in Chören steigen? Carus arbeitet bereits an einem weiteren Chorbuch für Chöre mit nur einer Männerstimme, dem zweiten Band des Chorbuch a tre , das Ende Juni erscheinen wird.

Aufgrund von Abstandsregeln sind nur kleine Besetzungen möglich? Wie praktisch, dass der Carus Verlag schon seit einigen Jahren passende Ausgaben von großen Werken für kleine Besetzungen im Repertoire hat.

Nachdem Prof. Dr. Kathrin Schlemmer mit der Präsentation ihrer ChoCo (Chormusik in Coronazeiten)-Studien deutliche Warnsignale über das drastische Schrumpfen und Schwinden von Chören und besonders Kinderchören während der Coronakrise sendet, zeichnet Bundespräsident a.D. und Präsident des deutschen Chorverbandes Christian Wulff mit der frischen Erfahrung des offensichtlich mehr als erfolgreichen und gut besuchten deutschen Chorfestes Ende Mai 2022 in Leipzig ein hoffnungsvolles Bild einer Erholung der Chormusik in Deutschland. Gemeinsam stellen die Teilnehmer fest, dass insbesondere im Kinder- und Jugendbereich großer Handlungsbedarf besteht, um die Zukunft des Chorgesangs zu sichern.


Bundespräsident a.D. Christian Wulff, Geschäftsführerin Ester Petri, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Christoph Wolff, Cheflektor Dr. Uwe Wolf, Verlagsgründer Günter Graulich, geschäftsführender Gesellschafter Dr. Johannes Graulich (Foto: Sven Cichowicz)

Fazit

Der Carus Verlag steht mit der Chorwelt in engem Kontakt, hört genau hin, wie es den Chören geht, bemerkt ihre Wünsche, aber auch ihre Leiden, ist innovativ und lösungsorientiert und beteiligt sich aktiv an der Chormusik. Das Singen ist dabei zentral. Die Veranstaltung am Nachmittag endet mit einem berührenden Shalom-Quodlibet. Angeführt vom Vokalensemble des Carus Verlags und dem Ulmer Spatzenchor stimmt der ganze Saal, gefüllt mit mehreren hundert Freunden des Chorgesangs, in den Kanon ein. Das “Monogaja lieta-Quodlibet” wird dem Frieden gewidmet und gekonnt mit Vivaldis Gloria in D zusammen musiziert. Es ist ein bewegender und schöner Moment, der emotionale Höhepunkt eines ohnehin schon sehr besonderen Tages.

Bei aller Sorge um die aktuelle Krise der Chormusik ist nun eines ganz klar: Solange auf der Welt Chöre singen werden, wird es den Carus Verlag geben. Und gerade dieser wird ein großes Stück dazu beitragen, dass den Chören nie das Repertoire ausgeht und ihnen Chorausgaben auf höchstem Niveau für jede gewünschte Besetzung, jeden Anlass und jede Lust und Laune, gedruckt oder digital zur Verfügung gestellt werden.

Im Namen von Stretta wollen wir uns beim Carus Verlag für diesen intimen Einblick in die Verlagsarbeit herzlich bedanken und fühlen uns nicht nur durch die Professionalität, sondern auch aufgrund der erfahrenen Herzlichkeit dem ganzen Team sehr verbunden. In diesem Sinne:

Alles Gute, Carus! Mögen die nächsten 50 Jahre genauso innovativ und bereichernd verlaufen!

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