Robert Schumann (1810–1856) hat sich neue Kompositionsbereiche oftmals durch eine schöpferische Konzentration auf Werke einer Gattung erschlossen, zu deren Ergebnissen er in einem ‚sinfonischen Jahr', einem ‚kammermusikalischen Jahr' oder einem ‚Liederjahr' gelangte. Der Gattung der Ouvertüre hat sich der Komponist nicht derart geschlossen zugewendet. Bei den acht von Schumann komponierten Ouvertüren handelt es sich um eine Reihe höchst individuell geformter Einzelwerke, die zwischen 1841 und 1853, also innerhalb von 13 Jahren entstanden sind. In den Zeitraum fällt auch die Entstehung der von Schumann in die Werkzählung aufgenommenen Sinfonien (1840/41–1851). Dieser Tatbestand wirft die Frage auf, ob Schumann bei seinen sinfonischen Arbeiten mit der Sonatenhauptsatzform auf dem Feld der Ouvertürenkomposition andere strukturelle Entscheidungen getroffen hat, als bei der Gestaltung des Kopfsatzes einer Sinfonie.
Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass mit Ausnahme eines Werkes (Ouvertüre, Scherzo und Finale op. 52) alle Ouvertüren in Beziehung zu einer literarischen Vorlage stehen. Die Untersuchung geht der Frage nach, ob Schumanns Ouvertüren in ihrer musikalischen Gestaltung neben ihrer funktionalen Bestimmung als Opern-, Schauspiel- oder Konzertouvertüren von ihren literarischen Vorlagen inspiriert und kompositorisch geprägt worden sind.