Konzert

Das Werkverzeichnis Edison Denissows zählt sechzehn Instrumentalkonzerte, eine Gattung, auf die er sein Leben lang immer wieder rekurrierte - vom Konzert für Violoncello und Orchester aus dem Jahr 1972 bis zum 1996 entstandenen Doppelkonzert für Flöte, Klarinette und Orchester. Der Rolle des Solisten bzw. des Protagonisten ist bei ihm stets von außerordentlicher Bedeutung - nicht so sehr wegen ihrer Virtuosität, sondern wegen ihres inhaltlichen Bekenntnischarakters. Der Solopart ist ein Monolog, der sich durch einen poetischen Verlauf auszeichnet und eine sehr persönliche Botschaft des Komponisten beinhaltet.

Die dramaturgische Konzeption des Konzerts für Saxophon und Orchester, eine Umarbeitung des Violakonzertes aus dem Jahr 1986, basiert auf der traditionellen Sonatenform und bestätigt auf diese Weise den allgegenwärtigen Klassizismus in Denissows Denken. In diesem Werk aus seiner Spätphase finden sich alle typischen Merkmale des Kompositionsstils seines Autors: Schier unendliche melodische Linien, die zu dichten polyphonen Strukturen geschichtet sind, und das Spiel mit Orchesterfarben, bei denen reine Klänge mit komplexen Klangmixturen kontrastieren - eine perfekte Dramaturgie, welche die musikalische Entwicklung bis zum Ende hin bestimmt.

Der erste Satz übernimmt die Rolle eines Sonaten-Allegros und weist die übliche formale Abfolge Exposition, Durchführung, Reprise und Coda auf. Bei dem zweiten Satz handelt es sich um ein Adagio für Streicher. Der dritte Satz präsentiert sich als ein kleines, kontrastierendes Intermezzo, in dem sowohl neues thematisches Material als auch ein neues Klangfarbenspektrum eingeführt werden. Hier weicht das Melodiöse einem mit Klangeffekten angereicherten Pointillismus. Es ist der einzige virtuos-konzertante Satz des Werkes, der mit seiner Nervosität und seiner inneren Spannung einen Gegensatz zu den ihn einrahmenden Sätzen 2 und 4 bildet. Der vierte Satz, der die Form eines traditionellen Variationsfinales aufweist, bildet das dramaturgische und semantische Zentrum des Konzerts. Als Thema der Variationenreihe dient Franz Schuberts Impromptu B-dur op. 142, das hier als Produkt eines dodekaphonen Clusters der Streicher gleichsam aus der Celesta heraus „geboren“ wird. Dieses Finale stellt eine Hommage Denissows an seinen großen Lehrmeister dar – war doch Schuberts Musik für ihn ein Symbol ewiger, universeller Schönheit.

Denissow betonte, dass „... der Hörer bei aufmerksamem Zuhören erkennen wird, dass sich das Thema des Impromptus bereits im Verlauf der drei vorangehenden Sätze sehr langsam andeutet - und zwar nicht thematisch, sondern psychologisch. Daher wirkt das Erscheinen des Schubert-Themas so natürlich ...“ Denissows Variationen haben weniger im formalen Sinn mit der Gattung Variation zu tun als vielmehr aufgrund ihrer geistigen und konzeptionellen Veränderungen. Es ist gleichsam eine „Musik um Schubert herum“. (Jekaterina Kuprowskaja-Denissowa)