«Arbeit am Mythos»

Vorliegende Studien zeigen, dass Nicolaus A. Huber - bislang vor allem als bedeutender Vertreter politischer und radikal tonalitätskritischer Musik wahrgenommen - seit etwa 1980 ein wesentlich erweitertes Verständnis von Tonalität und Komponieren entwickelt hat. Werke wie «Demijour» (1985/86) und «Mit etwas Extremismus» (1991) zeichnen sich aus durch die Integration tonaler Elemente, heterogener Klänge und Gegenstände, durch neue Konzepte musikalischer Rhythmus- und Zeitgestaltung sowie eine produktive Aneignung verschiedener musikalischer Stile und Traditionen (Bach, Beethoven, Schumann, Skrjabin, Cage).

Anhand detaillierter Werkanalysen werden die allgemeinen Grundlagen von Hubers gewandeltem Denken in und über Musik dargestellt. Im Mittelpunkt der Erörterung steht seine Doppelstrategie von gleichzeitiger Beschwörung und Brechung archetypischer und im weitesten Sinne tonaler Klangwirkungen, die sein politisches Anliegen auf sublime und manchmal parodistische Weise fortsetzt. Als wichtiger Ansatz zur Entmythologisierung des Bestehenden auf dem Boden des Bestehenden lässt sich Hubers neueres Komponieren formelhaft beschreiben als: «Arbeit am Mythos».