Kunjani

Vielleicht gibt es keine komponierte Musik, die mich so nachhaltig beeindruckt hat wie die Gymnopédies von Erik Satie. In ihrer unbedingten Klarheit und Durchsichtigkeit entfalten sie für mich einen Zauber, einen Sog, eine zeitlose Magie. Spätestens, seit ich ihnen begegnet bin, ist mein ästhetisches Ideal beim Komponieren genau dieses: unprätentiöse Schlichtheit und Einfachheit, Reinheit des Ausdrucks durch Reduzierung der Form. So habe ich in meinen afrikanischen Kompositionen von jeher auf Chromatik verzichtet, auf die Feinheiten der Funktionsharmonik, und mich auf die sieben Töne der Durtonleiter konzentriert. In diesem Stück versuche ich darüber hinaus, jeden Satz aus nur einer einzigen Idee zu entwickeln.

Kunjani ist Xhosa und bedeutet: Wie geht es Dir? Drei Antworten gibt die Suite: Der erste Satz handelt vom Beginnen und der Zuversicht, dem tastenden Fragen, der Hoffnung, die ihm eigen ist; so wie schon Hermann Hesse formulierte: "Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne." Im zweiten Satz geht es um eine tiefe Sehnsucht, um ein sich Wegwünschen zu einem anderen Ort, in eine andere Welt, ein anderes Schicksal. Der dritte Satz schließlich verliert sich völlig in einer verspielten, überschwänglichen, ausgreifenden Freude über ein Wiedersehen.

Ich danke Barbara Niestroy, die mich seit vielen Jahren immer wieder zum Komponieren ermuntert und ermutigt hat und für deren Schülerensemble flutes for fun ich ursprünglich den ersten Satz geschrieben habe. Und ich danke Takashi Yasui und seiner Consort Company für die wundervolle Uraufführung im Ohmi-Gakudo-Saal der Opera City in Tokyo am 12. Oktober 2016. Es war zugleich das allererste Konzert, das nur meinen Werken gewidmet war, und für mich ein unvergesslicher Abend, der gleich drei Kontinente zusammenbrachte. Keine Sprache ist universaler als die Musik! In solchen Momenten bin ich sehr dankbar, den Beruf des Komponisten ausüben zu dürfen.