10 Gründe für Musikunterricht

von Kristin Thielemann (02.08.2023)

Kennen Sie den Spruch „Musik macht schlau“? Um ehrlich zu sein: Ich kann ihn nicht mehr hören! Denn so wird die Musik zweckentfremdet, als Vitamin für „Leistungsboosterung“ genutzt. Damit werden wir weder der Musik selbst noch unseren Kindern gerecht, die die Chance haben sollten, das aktive Musizieren für sich zu entdecken und selbst festzustellen, was die Musik ihnen alles geben kann.

Für diesen Beitrag habe ich Ihnen Gründe zusammengestellt, warum es für einen jungen Menschen von zentraler Bedeutung sein kann, sich mit Musik zu beschäftigen – abseits der abgedroschenen Phrase „Musik macht schlau“.

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1. Glück

„Man müsste Klavier spielen können!“ Wozu? Achtung, Triggerwarnung! Um als kleiner Herzensbrecher später die Frauenwelt zu beeindrucken!? Nein, denn was an guten Pianist:innen so fasziniert, ist, wie tief sie in die Musik eintauchen können, wie konzentriert sie sind, wenn wir sie in ihrer eigenen Welt erleben, und wie glücklich uns ihr Spiel macht. Wie glücklich muss der oder die Klavierspielende erst sein?! Sehr!

2. Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten

Resilienz, also die Fähigkeit, wie ein Mensch seine Krisen meistern kann und sein Selbstwertgefühl bewahrt, lässt sich beim Musizieren quasi nebenbei erlernen.

Diese Erfahrung wird ein junger Mensch auch auf andere Lebens- und Lernbereiche übertragen können!

3. Positive Nebeneffekte

Musizieren hat viele positive Nebeneffekte, beispielsweise auf die Sprachkompetenz, die Konzentrationsfähigkeit, das Sozialverhalten, Emotionen und Empathie, das mathematische Verständnis, sowie die Kreativität und Problemlösekompetenz. In meinem Ratgeber „Jedes Kind ist musikalisch“ gehe ich mehr ins Detail. Dieser sollte ohnehin in keinem Familienhaushalt fehlen!

4. Ich kann etwas ganz Besonderes

Mit dem Instrumentalspiel erlernen Kinder ein Handwerk, welches zugleich eine Kunst ist. So eine hochkomplexe Sache beginnt man am besten schon im Kindesalter, denn die Erfahrung „Ich kann etwas ganz Besonderes“, wirkt sich enorm positiv auf die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes aus! Und nicht zuletzt ist es eine wichtige Erfahrung für das spätere Berufsleben, wenn Kinder erfahren, dass sie eine Leistung (z. B. das Spiel eines Musikstückes) auf den Punkt bringen können und damit vor Publikum (und seien es erstmal nur die Eltern und der Musiklehrkraft) bestehen.

5. Mit Musik Krisen meistern

Krise in der Schule? Ärger mit den Eltern? Stress mit den Freund:innen? Beim Spielen eines Instruments lässt sich in die eigene Gefühlswelt abtauchen. Dort können Menschen Dinge verarbeiten und wieder zu sich finden, mit Musik ihre Wut ausleben, mit Trauer umgehen und wieder fröhlich werden.

6. Konzentrationsfähigkeit

Kinder und Jugendliche, die regelmäßig mit Musik in Kontakt kommen, können differenzierter hören. Untersuchungen haben gezeigt, dass Erwachsene, die in ihrer Kindheit über einen längeren Zeitraum ein Musikinstrument gespielt haben, eine bessere Hörfähigkeit zeigten und in der Lage waren, Nebengeräusche auszublenden, um sich auf Wichtiges zu konzentrieren.

7. Freundschaft

Einen Freundeskreis außerhalb der Schulklasse zu haben, ist dann wichtig, wenn Kinder und Jugendliche gemobbt werden oder sich aus anderen Gründen in ihrer Klassengemeinschaft nicht wohl fühlen. Beim Musizieren in einer Gruppe können junge Menschen sich einen weiteren Freundeskreis aufbauen, mit dem sie eine wichtige Gemeinsamkeit teilen: Die Fähigkeit, ein Musikinstrument zu spielen.

In Bands, Ensembles oder Orchestern geschlossene Freundschaften sind häufig besonders intensiv, weil diese Kinder und Jugendliche mit dem Erlernen der Musikstücke gemeinsam eine große Entwicklung durchgemacht haben und vielleicht auch schon so manches Konzert gut über die Bühne gebracht haben. Das schafft die Basis für intensive und glückliche Freundschaften, die uns mit etwas Glück ein Leben lang tragen.

8. Für jeden etwas dabei

In der Musik gibt es so viel zu entdecken, dass alle auf ihre Kosten kommen können: Ob es nun das Interesse an einem bestimmten Musikstil ist, die Lust auf Musikgeschichte, vielfältigste Instrumente, digital oder analog, die Freude am Improvisieren und Komponieren – die Welt der Musik ist für junge Menschen heute so bunt und facettenreich aufbereitet, dass es leicht fällt, ihnen vielfältige und spannende Impulse zu geben.

9. Herausforderungen

Die Lust auf Klänge und Töne, auf das Können und Beherrschen eines Instruments spornen zu Höchstleistungen an. Häufig braucht es noch nicht einmal ein Feedback, damit Musizierende merken, dass etwas richtig oder falsch ist. Eine große Strecke des Lernweges lässt sich beim Musizieren ganz ohne den aus der Schule allzu bekannten Rotstift suchen. Ohne dieses ngeative Feedback des Rotstifts, wachsen Kinder beim Musizieren oft über sich hinaus. Und das Heranwagen an den neuen Ton, die schwere Stelle oder das neue Stück bringt ein enormes Glücksgefühl mit sich, wenn die Herausforderung beim Üben plötzlich gelingt! Musizieren macht Spaß!

Trotzdem ist eine kompetente Lehrkraft, die diesen Lernweg zu begleiten weiß, extrem wichtig. Sie kann durch Motivationstiefs hindurch helfen und gibt passgenaue Tipps bei technischen und musikalischen Schwierigkeiten.

10. Kreativität und Fantasie

Beim Musizieren ist die Persönlichkeit von Kindern und Jugendlichen gefragt. Hier können sie ihre Fantasie und Kreativität umsetzen und die Klänge ausleben, die sie in sich spüren. Nur was gefragt ist, kann sich auch weiterentwickeln!

In unserer Welt, wo Menschen mit unterschiedlichsten kulturellen Hintergründen, Sprachen und Bildungsbiografien zusammenleben und gemeinsam Krisen meistern müssen, wo die KI in Konkurrenz zu vielen etablierten Berufen tritt, sind Kreativität, Fantasie und Einfallsreichtum gefragt, um auf die Herausforderungen unserer Zeit einzugehen. Diese Fähigkeiten bereits im Kindesalter zu fördern, kann enorm viel Gutes bei der nächsten Generation vollbringen. Denn wegen des Eintritts der Künstlichen Intelligenz in unser Leben werden Verantwortliche der Bildungspolitik Antworten finden müssen, welche Inhalte sich zukünftig in den Lehrplänen der Schulen finden sollten und ob nicht vieles, was wir bisher als wichtig empfunden haben, für die nächste Generation noch so eine hohe Relevanz besitzt.

Auch mit der Musik eine Betätigung zu finden, wo Menschen mit unterschiedlicher Sprache sich gemeinsam kreativ und auf jedem Niveau - vom Anfänger bis zum Profi - betätigen können, empfinde ich als enormen Schatz.

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