Oboe üben mit Tic Tacs

Ralf-Jörn Köster im Interview

(27.11.2023)

Ralf-Jörn Köster ist Solo-Oboist am Staatstheater Nürnberg, Musikhochschullehrer und Autor des Lehrbuchs „Von der Holzstange zum Oboenrohr“. Im Stretta Journal spricht er mit uns über sein Leben als Profimusiker und seine Überoutine. Dabei teilt er mit uns eine clevere Übung für die richtige Zungenposition, von der alle profitieren können, die ein Blasinstrument spielen.

Ralf-Jörn Köster

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  • Simone Preuin (Englischhorn, Oboe, Rohrbau)
  • Heejung Kim (Korrepitition)
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Mehr Informationen:

Ralf-Jörn Köster |

Website: https://oboenrohr.com/

Ralf-Jörn Köster wurde 1966 in Düsseldorf geboren und wuchs in einem musikalischen Elternhaus auf. Bereits im Alter von zehn Jahren entdeckte er sein Interesse für die Oboe. Heute ist er Solo-Oboist am Staatstheater Nürnberg, Musikhochschullehrer sowie Autor des Lehrbuchs „Von der Holzstange zum Oboenrohr“.

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Nachdem er mehrere Preise bei Jugend musiziert gewonnen hatte, entschied er sich für ein Studium an der Robert Schumann Hochschule in Düsseldorf bei Taskin Oray, welches er mit dem Konzertexamen abschloss. Meisterkurse bei Professor Winfried Liebermann und jahrelanger intensiver Austausch mit ihm haben Ralf-Jörn Köster nachhaltig geprägt. Noch während seines Studiums wurde er 1989 stellvertretender Solo-Oboist bei den Remscheider Symphonikern – heute Bergische Philharmonie.

Als Solo-Oboist wechselte er 1994 an das Mainfranken Theater Würzburg. An gleicher Position spielt er seit 2008 bei der Staatsphilharmonie Nürnberg und ist am Staatstheater Nürnberg zu erleben. Im Laufe seiner Karriere gastierte Ralf-Jörn Köster an nahezu allen Opernhäusern in Deutschland. Er wirkte an zahlreichen CD-Aufnahmen mit renommierten Orchestern mit, so auch 2009 an der Opernproduktion „Merlin“ von Carl Goldmark mit dem Orchester Philharmonie Festiva unter der Leitung von Gerd Schaller, die 2010 mit einem Echo Klassik ausgezeichnet wurde.

Im Jahr 2003 wurde er an die Hochschule für Musik in Würzburg verpflichtet, wo er sein Wissen und seine Leidenschaft für die Oboe an die nächste Generation weitergab. Zwischen 2014 und 2016 übernahm er zunächst eine Professurvertretung an der Hochschule für Musik Nürnberg und leitet seitdem dort seine eigene Oboenklasse. Mit großer Leidenschaft vermittelt der Familienvater von vier Kindern seine reichhaltigen musikalischen und instrumentalen Erfahrungen an junge Oboist:innen.

Im Jahr 2016 veröffentlichte Ralf-Jörn Köster sein erstes Buch mit dem Titel „Von der Holzstange zum Oboenrohr“. Seit 2017 liegt dieses Buch auch in einer englischen Fassung mit dem Titel „Reliable Reeds“ vor. Sein Buch ist mittlerweile zu einem der wichtigsten Standardwerke im Fach Rohrbau avanciert. Ende 2022 konnte Ralf-Jörn Köster bereits die dritte erweiterte deutsche Auflage seines Buches veröffentlichen und so weiteres interessantes Fachwissen zur Verfügung stellen.

Lieber Herr Köster, wie bereiten Sie sich auf Konzerte und Opernproduktionen vor?

Ein Leitsatz von Walter Samuel Bartussek, einem renommierten Dozenten an der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien und gleichzeitig Körperbewusstseinstrainer und Pantomime, hat sich in meiner Erinnerung verankert. Während eines gemeinsamen Kurses formulierte er einen Grundsatz, der im Grunde genommen das umfasst, was wir Künstler als unser übergeordnetes „Arbeitsmotto“ betrachten und das wir tagtäglich leben, um den Moment eines Auftritts bestmöglich zu beschreiben:

„Wer eine Vorstellung spielen will, muss eine Vorstellung haben.“

Um diese Vorstellung und das große Ganze in mir entstehen zu lassen, lege ich besonderen Wert auf die genaue Beachtung von Details. Der Blick in die Partitur ist für mich unerlässlich, wenn ich mich auf Sinfoniekonzerte, Opern oder Solokonzerte vorbereite. Bei der Erarbeitung von Kammermusik übe ich selten nur aus der Solostimme, sondern wenn möglich aus einem Klavierauszug oder sogar aus Partituren, um von Anfang an meine musikalische Umgebung zu erkennen und zu verstehen. Ein Überblick über alle Stimmen ermöglicht mir, meine eigene Stimme in den Gesamtklang einzufügen. Musik fungiert als eine ausdrucksstarke Sprache, und meine Oboe stellt das Medium dar, durch das ich mit dem Publikum kommuniziere. Diese Herangehensweise ermöglicht es mir, eine lebendige Vorstellung davon zu entwickeln, wie ich die musikalische Geschichte interpretieren möchte oder wie ich klangliche Bilder erschaffe.

Wie stehen Sie zum täglichen Üben?

Effektives Üben geschieht nicht zufällig. Das Gehirn und der Körper sind wie ein unendlicher Speicher, der ständig mit Informationen gefüttert wird. Doch welche Informationen helfen mir, schnell und effizient zu lernen, und welche sollte ich beim Üben vermeiden? Die „Basics“ gehören zum täglichen Üben, und das wird von jedem professionellen Musiker bestätigt. Die Fingerfertigkeit muss ebenso kontinuierlich trainiert werden wie die Koordination zwischen Fingern, Zunge und Atmung.

Das Spiel eines Musikinstruments involviert den gesamten Körper. Die saubere Artikulation, sei es in einem fließenden Legato oder einem präzisen Staccato, ist nur durch das perfekte Zusammenspiel verschiedener Körperbereiche möglich.

Eine leistungsstarke Muskulatur ist nicht von Natur aus gegeben, sondern muss durch regelmäßiges Üben erhalten oder nach einer Pause wieder aufgebaut werden, sei es nach einem Urlaub oder einer krankheitsbedingten Unterbrechung.

Die Zunge ist entscheidender Bestandteil für das Spiel eines Blasinstruments – wie trainieren Sie die Zunge?

Genau, der Beginn eines Tons wird maßgeblich von der Zunge beeinflusst, auch wenn sie während des Spiels nicht sichtbar ist. Daher ist es wichtig zu verstehen, was die Zunge im Inneren des Mundraums tut. Ein einfacher Vergleich: Wenn wir uns auf die Zunge beißen, war sie offensichtlich an einer unpassenden Stelle, wie zwischen den Zähnen, und das verursacht Schmerzen. Auch beim Blasinstrument ist die richtige Position der Zunge während des Spiels entscheidend. Dies kann man beispielsweise mit einer kleinen Kamera im Mundwinkel beobachten. Dies ist jedoch für das tägliche Üben oder den wöchentlichen Unterricht nicht praktikabel.

Die Herausforderung besteht darin, die Zungenposition und -bewegung während des Spielens zu verstehen. Da die Zunge nur spürbar ist, wenn sie Kontakt zu einem Zahn, einer Lippe oder einem Gegenstand im Mund hat (wie dem Oboenrohr), müssen wir sicherstellen, dass die Zunge während des Spielens an der richtigen Stelle ist und sich nicht unnötig bewegt. Um dies zu überprüfen, verwenden ich ein kleines, rundes Bonbon, etwa ein Tic Tac, das auf die Zunge im vorderen Bereich gelegt wird.

Während ein langer Ton gespielt wird, sollte das Bonbon nicht vorne, rechts oder links herunterfallen. Wenn das Bonbon herunterfällt, zeigt dies an, dass die Zunge sich unnötig bewegt hat. Die Position des Bonbons, wenn es fällt, lässt Rückschlüsse auf die Richtung der Zungenbewegung zu. Wenn es beispielsweise nach vorne fällt, hat sich die Zunge nach hinten zurückgezogen.

Diese Übung hat mir bei einigen Oboespielenden gezeigt, dass die Zunge sich seitlich verdreht, was sich negativ auf die Luftführung und das Staccato auswirkt. Auch habe ich beobachten können, dass sich der Weg der Zunge bei der Rückwärtsbewegung vom Rohr verlängert, wenn sie sich dabei zusätzlich wölbt. Damit verlangsamt sich der Staccato-Prozess. Die Wölbung hat zur Folge, dass das Bonbon bereits bei langsamer Zungenbewegung vorne herunterfällt.

Diese Methode ist sicherlich nicht in der Lage, alle Nuancen der Zungenbewegungen im Mund darzustellen, aber sie hilft dabei, ungünstige oder fehlerhafte Bewegungen aufzuspüren, und bestätigt oft die Vermutungen, die bereits durch den Höreindruck im Unterricht entstanden sind.

Musiker, zeigt eure Zunge! Eine Übung zur Entspannung der Zunge für einen besseren Klang

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Die Zunge in der Öffentlichkeit zu zeigen, wird in der Gesellschaft mit Ekel, Unmut oder Beleidigung verbunden. Für Musiker jedoch kann ein kontrolliertes Herausstrecken der Zunge die Artikulation, Koordination und Regenerationsfähigkeit verbessern und sich positiv auf eine freie Atmung auswirken.

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Wie wirkt sich diese Zungenübung auf kurze Töne z. B. beim Staccato aus?

Das Staccato eine Artkulatonstechnik, bei der das Schwingen des Oboenrohrs kurz und gleichmäßig durch das Berühren der Zunge unterbrochen wird. Es ist wichtig sicherzustellen, dass der Klang und die Lautstärke zwischen den unterbrochenen Tönen und den ausgehaltenen Tönen gleich bleiben. Daher sollte man zunächst diese Gleichheit herstellen: Der Klang bei einem ausgehaltenen Ton sollte identisch sein mit dem Klang bei den wiederholt angespielten Tönen, die durch die Zunge in gleichmäßige Einzeltöne aufgeteilt werden.

Es ist daher ratsam, Staccato-Übungen auf einzelnen Tönen immer in Verbindung mit langen Tönen durchzuführen und Staccato-Passagen auch im Legato zu üben, um sicherzustellen, dass der Klang sowie die Bereiche der Luftführung, der Atemstütze und des Ansatzes unverändert bleiben. Das Gehör spielt ebenfalls eine wichtige Rolle bei dieser Beurteilung, da die Vorstellung am Ende des Übeprozesses entscheidend ist, um komplexe Abläufe unter dem „Dach“ der musikalischen Vorstellung abrufbar zu machen.

Was ist Ihnen bei Ihrer musikalischen Arbeit besonders wichtig?

Ein zentrales Anliegen ist es für mich, den Stil des jeweiligen Komponisten und der Epoche hörbar zu machen. Wie klingt ein Komponist oder ein musikalischer Stil unverwechselbar? Worauf muss man achten, um „stilgerecht“ zu spielen und sicherzustellen, dass beispielsweise Bach nicht nach Brahms oder Mozart nicht wie Bruckner klingt? Dies in Worten zu erklären, ist eine Herausforderung. Dennoch erfreue ich mich daran, dass die Oboe in jeder Ära der Musikgeschichte zu Hause ist und eingesetzt wurde. Wir haben das Privileg, uns mit der gesamten Bandbreite der Epochen und Komponisten auseinanderzusetzen und in ihr Leben einzutauchen, das sie uns durch ihre Musik hinterlassen haben.

Lieber Herr Köster, vielen Dank für Ihre Gedanken!

Noten für Oboe

Oboe spielen & lernen

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